Deutscher Sonderweg: Das IDW diskutiert neue technische ESEF-Anforderungen

Große Herausforderungen für ESEF-pflichtige Unternehmen und Softwarehersteller erwartet

Wie wir von einigen Kunden erfahren haben, diskutiert das deutsche Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) neue technische Anforderungen für die ESEF-Prüfung vorzuschreiben. Getrieben wird der Vorschlag offenbar hauptsächlich durch einige Big 4. Es geht um die Auszeichnung von Tabellen als Teil des erstmals zu taggenden Anhangs mittels des XHTML-Tabellen-Elements (oder Tags). Das Tabellen-Tag ist kein XBRL-Element und stammt auch nicht aus der ESEF-Taxonomie. Es hat auch keine semantische Bedeutung außer der Aussage, dass eine Tabelle (mit Zeilen und Spalten) vorliegt. Dieses Element wird nicht zwangsläufig durch alle ESEF-Tools für Tabellen im Anhang gesetzt, die mit Textblock-Tags versehen sind. Z.B. werden bei der Konvertierung von PDF-Dateien lediglich durch die Anordnung der einzelnen Inhalte die Spalten- und Zeilenstruktur suggeriert, oftmals auch unterstützt durch horizontale und vertikale Linien. Nach unserer Schätzung wurden mehr als 50% der veröffentlichten ESEF-Berichte der letzten Jahre aus PDFs konvertiert und nutzen eine formatierungsbasierte Tabellendarstellung. Diese Art der Tabellendarstellung soll nun durch die neue Regelung verboten werden – stattdessen müssen ESEF-pflichtige Unternehmen sicherstellen, dass jede Zeile und Spalte einer Tabelle, der Teil eines Textblock-Taggings im Anhang ist, explizit mit einem XHTML Element versehen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, kann dies Auswirkungen auf das Prüfungsergebnis haben.

Abbildung: Ob eine Tabelle mit einem XHTML Tabellen-Tag ausgestattet ist, ist im Webbrowser für das menschliche Auge nicht erkennbar. Dieser Screenshot zeigt eine Tabelle in einem ESEF Bericht, welcher aus einem PDF konvertiert wurde. Die Zeilen und Spalten ergeben sich für den menschlichen Betrachter durch die Anordnung der Werte sowie der horizontalen Linien. Diese Tabelle wurde nachträglich mit einem Tabellen-Tag ausgestattet. Ein Mehrwert des unsichtbaren Tabellen-Tags für den Konsumenten des hauptsächlich narrativen Textblock-Taggings ist nicht erkennbar.

Die neue Regelung wird vielfach kontrovers diskutiert und kritisiert, hier ein Ausschnitt des Diskussionsstands:

  • Es gibt keinerlei rechtliche Grundlage für die konkrete Anforderung an das XHTML Format der ESEF-Berichte, weder die ESEF-Verordnung, die XBRL-Spezifikationen noch das ESMA Reporting Manual schreiben die Verwendung von XHTML Tabellen Tags vor.
  • Das IDW argumentiert mit der besseren „maschinenlesbarkeit“ der ESEF-Berichte, wenn ein Tabellen Tag verwendet wird. Dieser Begriff ist aber nicht definiert und es fehlen Informationen zu konkreten Anwendungsfällen, in denen die Tabellen-Tags nützlich wären.
  • Der Begriff „maschinenlesbar“ ist darüber hinaus irreführend. Weniger technisch versierten Anwendern wird dadurch suggeriert, dass sich die Textblöcke hierdurch inhaltlich auswerten lassen. Das ist jedoch nicht der Fall: Eine inhaltliche Auswertung wäre nur durch ein detailliertes Tagging aller Zahlen des Anhangs möglich.
  • Die vorgeschlagene Lösungsmöglichkeit eines Wirtschaftsprüfers, die Tabellen als Bilder einzufügen, führt die gesamte Argumentation ad-absurdum – warum sollten Bilder von Tabellen maschinenlesbarer sein als Text?
  • Das ESEF Reporting Manual definiert in Guidance 2.2.6 (Seite 32), dass Tabellenstrukturen nicht zwangsläufig im Bericht enthalten sein müssen („… lost table structures…“) und erlaubt explizit die komplette „Ignorierung“ von sämtlichen XHTML Elementen und Formatierungen für das Textblocktagging durch Nutzung des "escape=false" Attributes für Textblock-Tags. Diese offizielle ESMA Guidance steht somit im totalen Widerspruch zu den Plänen des IDW.
  • Das IDW steht europaweit allein mit diesem Ansatz dar. Uns sind keine anderen Prüfungsstandards oder entsprechende Regelungen in der EU bekannt. Dabei kommen die AMANA ESEF Lösungen in fast allen EU-Ländern zum Einsatz.
  • Die Einführung der neuen Regelung kurz vor der Berichtssaison stellt Unternehmen, die PDF als Basis nutzen, vor große Herausforderungen: Entweder die Softwarehersteller schaffen es rechtzeitig neue Funktionen in den Tools bereitzustellen oder die Unternehmen sind gezwungen, den Abschlussprozess zu ändern und auf andere Dokumentformate (z.B. Microsoft Word statt PDF) umzusteigen.

AMANA stellt mit dem XBRL Tagger und SmartNotes eine Lösung bereit, die schon heute in der Lage ist die geforderten Tabellen-Tags zu setzen. Im XBRL Tagger gilt dies allerdings nur für die Verwendung von MS Word-Dokumenten. AMANA arbeitet auch an einer Funktion, die Tabellen-Tags in PDF-Dateien zur Verfügung zu stellen, diese wird voraussichtlich gegen Ende 2022 zur Verfügung stehen und die manuelle Kennzeichnung jeder Tabelle durch den Benutzer erfordern. Da die neuen Vorschriften des IDW bis heute (12. Oktober 2022) noch nicht veröffentlicht wurden und somit noch keine genauen technischen Spezifikationen bekannt sind, ist eine genaue Einschätzung und Umsetzung aber noch nicht möglich.

Uns erscheint es nichtsdestotrotz wichtig, über diese möglichen Änderungen zu informieren. Wir empfehlen den Unternehmen, mit ihrem Abschlussprüfer diesbezüglich in Kontakt zu treten, um mögliche Konsequenzen auf Ihren Prozess frühzeitig zu erkennen.

Die AMANA XBRL Tools erstellen ESEF-konforme Berichte und erfüllen auch die neuen Anforderungen des IDW, sofern diese verpflichtend werden.

AMANAs Expertenmeinung zum Thema

Wir als AMANA hätten uns mehr Vorlaufzeit und eine ausführlichere Debatte mit allen beteiligten Stakeholdern gewünscht, wie dies ja auch in der ESMA Guidance geplant ist – insbesondere da die Auswirkungen auf den Jahresabschlussprozess erheblich sind und für viele Unternehmen kurz vor dem Jahresabschluss nur schwer umsetzbar sind. Den Mehrwert, den das Table-Tag bringen soll, können wir aus technischer und fachlicher Sicht nicht nachvollziehen. Die Perspektive und Anforderungen der eigentlichen Nutzer und Konsumenten (z.B. Analysten) der ESEF-Berichte auf das Textblock-Tagging findet bisher überhaupt keine Beachtung. Das ist schade.  

Wir würden uns wünschen das Thema Textblock-Tagging nach der ersten Berichtssaison mit den dann vorhandenen Berichten zu analysieren und eine für die Abschlussadressaten sinnvolle sowie für die Abschlussersteller zumutbare europäische Lösung bei der ESMA anzuregen. Der Bedarf für digitale Finanz- und insbesondere Nachhaltigkeitsberichte ist unbestreitbar, allerdings befürchten wir, dass eine unnötige Bürokratisierung der Akzeptanz von ESEF insgesamt schaden kann. 

Die neuen Regelungen des IDW sind bisher nicht öffentlich verfügbar.

Inzwischen hat die IFRS Foundation eine Workshop-Einladung (18. November) zum Thema angekündigt und offenbar auch die ESMA (15. November). Wir empfehlen allen Stakeholdern an diesen Terminen teilzunehmen und insbesondere Textblock Tagging-Beispiele aus beizusteuern.

Mehr Informationen zu den Herausforderungen des Textblock-Tagging finden Sie in unserem Whitepaper und unseren regelmäßigen Textblock-Tagging Webinaren.

Nachtrag am 26.10.2022:
In einer früheren Version des Artikels wurde fälschlicherweise der Anschein erweckt, der XBRL-Verein habe zu den neuen Regelungen des IDW Stellung bezogen. Dies ist nicht der Fall. Wir bitten die Ungenauigkeit zu entschuldigen.

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